Höllental und Drehkreuz des Wanderns
Als Wanderer sind wir ja immer darauf gefasst, unsere Pläne über den Haufen zu werfen. Manchmal sind Wanderwege gesperrt, manchmal spielt das Wetter nicht mit. So wie am heutigen Tag. Wir schauen fröhlich aus dem Fenster – und sehen trübes Wetter. Wir ahnen also Nasses.
Doch zuvor frühstücken wir. Im rustikalen Gasthof ist reichlich eingedeckt, und weil tagsüber keine weitere Mahlzeit eingeplant ist, langen wir kräftig zu. Gut gestärkt also juckeln wir wieder mit unserem Auto los, diesmal zur Ködeltalsperre bei Nordhalben. Vorgesehen ist eine Wanderrunde, die uns um die Talsperre herumführen soll. Elf Kilometer insgesamt um die erste bayerische Trinkwassertalsperre, die 1975 in Betrieb genommen wurde.
Unterwegs leistet der Scheibenwischer gute Dienste, angekommen parken wir auf einem Parkplatz nicht allzu weit vom Staudamm entfernt. Das ist aus zweierlei Gründen vorteilhaft. Zum einen sind wir schnell dran am Wasser – wobei das beim Verlassen des Fahrzeugs uns auch schon von oben reichlich eingeschenkt wird. Zum anderen sehen wir etwas, was uns der »Held der Region« – Küchenchef Peter Hagen von der Goldenen Krone – angekündigt hat. Seine Schafe und Ziegen stehen nämlich großteils auf dem begrasten Steinschüttdamm. Und die sehen wir uns natürlich an, zudem Petra ja ein Faible für Schafe und alles, was mit Wolle zu tun hat, hat.
Vermutlich gucken uns die Schafe deshalb misstrauisch an, weil wir mit ihnen bunten Wanderschirmen eher suspekt ausschauen. Die Wanderschirme sind wirklich nützlich, doch sehen sie bei Wanderern doch noch immer eher ungewöhnlich aus. Egal, wir bleiben wenigstens um das Haupthaar herum trocken, während die Wanderschuhe gleich auf den ersten Meter um die Talsperre Wasser saugen.
Sagten wir zu Beginn, dass man Pläne auch über den Haufen werfen kann? Zuvor hatten wir bereits eine alternative Wandertour herausgesucht, die wir anstatt der doch eher langen Runde um die Ködeltalsperre an Land ziehen. Das ist heute bestimmt die bessere Wahl, denn obwohl der See hübsch eingebettet zwischen den Berghängen ruht und bei Sonnenschein sicher ein beliebter Ausflugsort ist, sind wir heute die einzigen auf dem asphaltierten Weg. Den schließen wir dann auch nach rund einem Kilometer ab, gehen zurück und fahren zurück nach Nordhalben.
Denn gleich am jenseitigen Ortsausgang beim Naturerlebnisbad startet der 4,5 Kilometer lange Themenweg »Wiesen-Panorama-Weg«. Eine Topp-Wahl, weil wir hier trotz Schauer von links oder rechts richtig glücklich werden. Sanft in die Hügel hineingelegt, windet sich der meist grasbewachsene Weg – der frisch gemäht ist! – über die Hochfläche mit den vielen Bärwurz-Wiesen. Magerwiesen und Magerrasen satt, dazu kurze Waldabschnitte, dicht bestimmt mit Fichten, dem »Brotbaum der Bauern« im Frankenwald.
Drei Liegebänke laden sogar zum Rasten ein – und wir nehmen das Angebot zumindest beim ersten Mal dankend an, knabbern unsere Müsliriegel und genießen die schönen Aussichten über Nordhalben hinaus. Auf dem gelungenen Wanderweg lassen wir richtig viel Zeit liegen, weshalb wir uns danach sputen müssen. Denn ein weiteres Highlight steht auf dem Programm: Das Höllental.
Dazu kutschieren wir wieder ein gutes Stück durch den Frankenwald, passieren Lichtenberg und landen bei Blechschmidtenhammer am Informationszentrum des Naturparks Frankenwald. Das Zentrum ist offen für Besucher, wir nehmen noch weitere Infoschriften von der gut bestückten Informationswand speziell zum Höllental mit und gucken auch schnell noch in die angeschlossene Ausstellung (die wir, das nehmen wir vorweg, am morgigen Tag nochmals aufsuchen werden).
Danach sind's nur wenige Schritte bis zum Höllental. In die enge Schlucht, durch die sich der Selbitz windet. Schroffe Felsen ziehen sich links und rechts von uns hinauf, dominiert wird der Fels durch Diabas-Gestein, das wir so vorher nur im Sauerland gesehen haben. Die Selbitz sprudelt kräftig zu Tal, vermutlich auch gut gefüllt durch die Regenfälle der vergangenen Tage. Hier begegnen uns auch andere Wanderer, ohne aber die Stille zwischen den steilen Felswänden zu unterbrechen.
Wir verharren einige Momente am Ausblick hinauf zur Felsspitze Hirschsprung – dort markiert wirklich ein Hirsch aus Holz die genannte Stelle, bald darauf das Kraftwerk mit dem markanten Wasserturm im Hang auf der anderen Flussseite.
Am Teufelssteg trennen sich Petras und mein Weg, denn ich gehe nun über den Röhrensteig zurück, was Petra wiederum zu heikel erscheint. Aber grundsätzlich ist außer einer kurzen Steigpassage im Mittelteil der Weg bestens ausgebaut.. Auf dieser Flussseite fuhr übrigens früher die Höllentalbahn, von der ein anschauliches und mit Zügen befahrenes Modell im Informationszentrum aktiv ist.
... und damit haben wir auch schon einen der fünf Fernwanderwege genannt, die am Drehkreuz des Wanderns beginnen – oder enden, je nachdem. Die vier übrigen Wanderstrecken sind der FrankenwaldSteig, der Frankenweg, der Fränkische Gebirgsweg und der Kammweg. Ganz schön was los also in Untereichenstein/Blankenstein. Blankenstein (dort, wo wir parkten) gehört übrigens zu Thüringen, Untereichenstein (da, wo wir über einen Steg zum Drehkreuz des Wanderns hin gelangten) zählt zu Bayern. Wir haben also mit einem Schritt über die Selbitz die ehemalige innerdeutsche Grenze überschritten.
Sobald wir ins Auto einsteigen, lassen die Regenwolken wieder Wasser ab. Glück gehabt ...
Im Gasthof wählen wir dann von der Speisekarte Schäufele mit Kloß und Soß. Wie's schmeckt, wissen wir zwar, aber Peter Hagen macht's besonders lecker. Dazu ein fränkisches Bier – was wollen wir mehr?
Satt und zufrieden sinken wir ein zweites Mal spät in die Federn.